Studienwettbewerb Preisträger

11 10  Fachbeitrag Fachbeitrag Überangebot an Freiraum in ländlicheren Regionen ist in seiner Nutzung oft monofunktional. Auch im Freiraum bedarf es einer Nutzungsdichte, um urbanes Wohnen zu ermöglichen. Die studentischen Entwürfe zeigen, dass es notwendig ist, zwischen Dichte und Nutzungs- dichte zu unterscheiden, dass auch Angebote des öffentlichen Raums eine Nutzungsdichte aufweisen können und dass es bei einer angemessenen Urbanität um Nutzungen und Begegnungsmöglichkeiten geht, nicht so sehr um bauliche Dichte. Gleichwohl bedingt eine Dichte an Nutzungen eine gewisse bauliche Dichte, um genug Nachfrage zu er­ zeugen, die die Rentabilität solcher Angebote sicherstellt. Hier gilt es, die richtige Balance zu finden, die in der Regel zwar dazu führt, dass eine höhere bauliche Dichte als im Umfeld entsteht, aber ohne ein Stück Stadt in die Landschaft zu übertragen. 2. Die Mobilitätskette reicht vom ersten bis zum letzten Kilometer Eine möglichst gute Vernetzung zwischen Kernstadt und Wettbewerbsgebiet im Umland war bereits ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl der Plangebiete, sodass alle sechs potenziellen Entwicklungsflächen eine Distanz zum Oberzentrum von deutlich unter 30 Minuten aufweisen. Die Einheit für die Distanz zwischen Ort A und B wird damit in Zeit und nicht in Kilometern angegeben. In der Folge ist es zur Optimierung notwendig, die Mobilitätskette vom ersten bis zum letzten Kilometer zu denken (siehe „Der Stiftberg Herford – Alte Orte neu entdecken“, Seite 26). Hier helfen die Sharing-Prinzipien aus den entwickelten Gemeinschaften ebenso wie moderne Mobilitätshubs, die es erlauben, die gefühlte Entfernung zur Kernstadt auf ein Minimum zu reduzieren (siehe „Bahnhofs­ quartier am Lokschuppen“, Seite 62). Mit ihren Arbeiten geben die Studierenden Hin­ weise, wie eine effiziente, störungsresistente Mobilitätskette für derartige Quartiere aus- sehen kann, die dem Komfort des eigenen Pkws in Kosten, Zeit und Störanfälligkeit überlegen sein kann. 3. Sharing ist ein wesentlicher Aspekt zukünftiger Nachbarschaften Viele Arbeiten demonstrieren mit ihren Sharing-Modellen, wie der Flächen- und Ressourcen- anspruch neuer städtebaulicher Entwicklungen minimiert werden kann. Durch Car-Sharing werden beispielsweise Parkplätze eingespart, die mehr Grünanlagen ermöglichen. Einige der Arbeiten nutzen die Typologie des Hofs, die durch ihre städtebauliche Anord- nung schon Erschließungsflächen teilt, andere die Form des Blocks, um Gemeinschafts- gärten im Inneren zu integrieren. Das sind nur einige Aspekte der zukünftigen Quartiers­ entwicklungen, die durch das Prinzip des Teilens Ressourcen einsparen und weniger Fläche in Anspruch nehmen und so schließlich mehr ökologischen und sozialen Reichtum erzeugen. In der Folge kann zudem ein Wohnumfeld entstehen, das auf dem Markt bisher kaum angeboten wird und auch von ganz anderen Milieus als den klassischen Häusle­ bauern nachgefragt wird. Um die Wohnangebote entsprechend zu heterogenisieren sowie für verschiedene Lebensstile und Situationen Angebote bereitstellen zu können, reagieren die meisten der Arbeiten in Form unterschiedlicher Wohnungszuschnitte inner- halb eines Gebäudes oder einer städtebaulichen Einheit. Sie werfen damit die Frage auf, ob die verschiedenen sozialen Milieus überhaupt miteinander wohnen wollen. Andere Arbeiten hingegen schaffen Höfe mit jeweils eigener Prägung, verzichten damit auf die kleinteilige Durchmischung und erzeugen glaubhafte Hofgemeinschaften, die in einer ähnlichen Lebensphase und einem vergleichbaren Lebensstil zueinanderfinden (siehe „Gemeinsam zukunftsfähig leben“, Seite 42). 4. Die Heterogenisierung des Wohnangebots der Kommunen stabilisiert den Markt Die Heterogenisierung der Wohnraumangebote in den studentischen Entwürfen schafft dabei nicht nur ein neues Wohnangebot für Wohnraumsuchende in der Kernstadt, sondern bietet ebenso die Chance, den Wohnungsmarkt der Kommune zu diversifizieren. In der Folge wird das oft beschriebene Problem der zu großen Eigenheime im Alter durch neue Angebote zu einer Rochade der Wohnungssuchenden. Die neuen Wohnungsan­ gebote für ältere Menschen erlauben es den ansässigen Bewohnern, in angemessenen Wohnraum umzuziehen und trotzdem in ihrer Heimat zu bleiben. Damit wiederum stehen jungen Familien Einfamilienhäuser zur Verfügung, ohne dass neue Baugebiete für Ein­ familienhäuser ausgewiesen werden müssen (siehe „Altenberghain“, Seite 50). Die Heterogenisierung der Wohnangebote in neuen Quartiersentwicklungen ist demnach in der Lage, dem gesamten lokalen Wohnungsmarkt eine Dynamik zu geben, die für eine angemessene Auslastung des Bestands und damit schließlich auch für eine gesteigerte Modernisierungsrate sorgen kann. Nicht zuletzt können damit sogenannte Wohnkarrieren im lokalen Markt erfolgen, die schließlich dafür sorgen, dass die Fluktuation der Bewoh- ner insgesamt reduziert wird, und damit das Potenzial der Gemeinschaftsbildung und der Identität mit Stadt und Stadtteil erhöht. Darüber hinaus gelingt es einigen Arbeiten, das direkt angrenzende Umfeld sinnvoll einzubinden und nicht zuletzt durch neue Nutzungs- und Versorgungsangebote einen Mehrwert für die ansässigen Bewohner zu erzeugen (siehe „Bahnhofshügel Altenberge“, Seite 46, und „Gemeinsam zukunftsfähig leben“, Seite 42). 5. Jede Entwicklungsstufe ist potenziell die letzte Die Studierenden waren aufgefordert, ihren innovativen Entwürfen eine Entwicklungs- strategie an die Hand zu geben, die in der Lage ist, die vorgenannten Sharing-Angebote, Nutzungsdichten und Mobilitätsketten möglichst von Beginn an zu erzeugen. Dabei zeigt sich, dass der vorhandene oder zu entwickelnde Mobilitätsknoten der Ausgangspunkt der Entwicklung ist. Insbesondere die Arbeit „Am Anger“ (siehe Seite 72) verdeutlicht aber ein lange vergessen geglaubtes Prinzip der jederzeit finalen Entwicklung. Der Startimpuls wird hierbei mit dichten und gemischten Strukturen gesetzt, an die sich Bereiche anlagern, die je nach Wachstumserfordernis in der Dichte abnehmen oder gänzlich verändert werden

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