Wohnungsmarktbericht NRW 2017

Wohnungsmarktbericht NRW 2017  49 Entwicklung des Wohnungsangebots 48 Wohnungsmarktbericht NRW 2017 Entwicklung des Wohnungsangebots 3.3 Bautätigkeit Starke Zunahme der Baufertigstellungen – Rekord bei Baugenehmigungen Im Jahr 2016 wurden in Nordrhein-Westfalen insgesamt 47.200 neue Wohnungen fertiggestellt – 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Infolgedessen ist der Wohnungs­ bestand in NRW auf 8,930 Millionen Wohnungen gewachsen (+0,46%). Das Fertigstellungsergebnis übertraf damit – nach dem Knick im Vorjahr (40.700 Wohnungen) – sogar den Höchststand der vergangenen zehn Jahre von 46.300 Baufertigstellungen (2014, Abb. 3.3.1). Dennoch blieb die Bautätigkeit noch weit unter dem Niveau von jährlich 80.000 Wohnungen, die nach den Schätzungen des nordrhein-westfälischen Bauministeriums und der NRW.BANK 37 notwendig wären, um den Neubaubedarf bis zum Jahr 2020 zu decken. In nächster Zukunft weiterer Anstieg zu erwarten Immerhin ist damit zu rechnen, dass der Neubau weiter anzieht: Die Baugenehmigungen erreichten nämlich im Jahr 2016 mit 66.600 Wohnungen (+20%) den höchsten Wert seit dem Jahr 2000 (Abb. 3.3.1). Die bisher vor­ liegenden Genehmigungszahlen für das Jahr 2017 aller- dings deuten wieder auf einen Rückgang hin: Zum Stand August 2017 wurden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 18 Prozent weniger Wohnungen genehmigt. Das sind jedoch immer noch 8 Prozent mehr als im Vergleichs- zeitraum 2015, weshalb es verfrüht wäre, diesen Rück- gang schon als Trendwende einzustufen. Auch Bauüberhänge nehmen zu – bis zu 100.000 Wohnungen noch in der Pipeline Ob alle diese Baugenehmigungen als Neubau realisiert werden, ist allerdings nicht gesichert: Dem Bundestrend entsprechend wächst auch in Nordrhein-Westfalen der Bauüberhang, das heißt die Kluft zwischen Bau­ genehmigungen und Baufertigstellungen (Abb. 3.3.2). Lange Zeit bewegte sich der Überhang auf einem Niveau von circa 60.000 Wohnungen, nahm aber seit 2013 stark zu und erreichte zuletzt einen Stand von fast 100.000 Wohnungen – das entspricht mehr als dem doppelten Neubauergebnis von 2016. Theoretisch handelt es sich dabei um das Neubau­ potenzial der nächsten Jahre, denn die Bauherren haben nach erteilter Genehmigung drei Jahre Zeit, mit dem Bau zu beginnen. Und gerade in Phasen steigender Bautätigkeit ist es normal, wenn auch der Bauüberhang zunächst zunimmt – gerade wenn, wie derzeit, die Bau- wirtschaft an der Grenze ihrer Kapazität arbeitet und zum Teil kaum noch neue Aufträge mehr annimmt. Allerdings dürfte auch Bodenspekulation eine immer größere Rolle spielen. Spekulation beginnt dann, wenn ein Bauantrag gestellt wird, obwohl der Investor gar nicht bauen, sondern nur die Bebaubarkeit absichern will, und anschließend wartet, solange die steigenden Baulandpreise einen immer lukrativeren Weiterverkauf ermöglichen. Insbesondere in den wachsenden Städten dürfte das zunehmend zum Problem werden und die Bodenpreisentwicklung weiter anheizen 38 . Allerdings kann eine Baugenehmigung auch ohne spekulative Ab- sicht verfallen – etwa wenn der Bauherr schlicht seine Planung ändert oder ein verkaufswilliger Grundstücks- besitzer nur deshalb eine Baugenehmigung einholt, um Bebaubarkeit beziehungsweise erzielbaren Preis auszuloten, der spätere Käufer aber anders bauen will. Aus der Überhangstatistik lässt sich der tatsächliche Umfang der Spekulation deshalb nicht ablesen. Immer- hin wurde bei 61 Prozent der genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen bereits der Baubeginn gemeldet. Bei zwei Dritteln der anderen Überhänge wurde die Genehmigung erst im Jahr 2016 erteilt, nur bei den übrigen ist die Genehmigung bereits älter als ein Jahr. Neubau in einzelnen Marktsegmenten Mietwohnungsbau ist das Neubausegment mit größter Dynamik, Neubau von Eigentumswoh- nungen zuletzt stagnierend Der Anstieg der Baufertigstellungen ist in erster Linie auf den Geschosswohnungsbau zurückzuführen (+12,5%, Abb. 3.3.3). Von den rund 21.000 Geschosswohnungen, die im Jahr 2016 fertiggestellt wurden, entstanden 12.000 (57%) als reine Mietwohnungen, die übrigen 9.000 (43%) als Eigentumswohnungen. 39 Demnach hat sich der Trend der vergangenen Jahre zu einem wachsenden Anteil von Eigentumswohnungen nicht fortgesetzt: Im Vergleich zum Vorjahr stagnierte der Neubau von Eigentumswohnungen (–0,8%), während der Mietwohnungsbau um 25 Prozent zugelegt hat (Abb. 3.3.4). Das bedeutet aber nicht, dass der Erwerb von Eigentumswohnungen zurückgeht: Den 10.500 Käufen neuer Eigentumswohnungen stehen mindestens 39.300 Weiterverkäufe von Bestands­ wohnungen gegenüber, darunter 2.500 umgewandelte Mietwohnungen. Insgesamt wurde 2016 mit 54.500 Wohnungskäufen 40 fast wieder der Höchststand von 2014 (54.900) erreicht. 37 Neubaubedarf gemäß Modellrechnung von NRW.BANK und Bauministerium, vergleiche Anhang „Erläuterung der Datengrundlagen“. 38 Vergleiche auch „Stadtentwicklungsbericht der Bundesregierung 2016“, Bundestagsdrucksache 18/11975, Seite 55–58. 39 Hinweis: Auch ein erheblicher Teil der Eigentumswohnungen wird vermietet, da nur ein Teil der Besitzer die Wohnungen selber nutzt. Auf Basis des Zensus 2011 lässt sich schätzen, dass knapp die Hälfte aller Eigentumswohnungen vermietet ist. In den Großstädten liegt dieser Anteil wegen der vielen auswärtigen Kapitalanleger höher. 40 Die Daten des oberen Gutachterausschusses weisen 4.700 Wohnungs- käufe (9%) aus, bei denen nicht erfasst wurde, ob es sich um Erst- oder Bestandserwerb handelt. Abb. 3.3.1: Entwicklung des Wohnungsneubaus in Nordrhein-Westfalen (Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden, Wohnheimen, inkl. Neuschaffung im Bestand) 90.000 80.000 70.000 60.000 50.000 40.000 30.000 20.000 10.000 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Daten: IT.NRW (Bautätigkeitsstatistik) NRW.BANK 2017 Wohnungen fertiggestellte Wohnungen genehmigte Wohnungen 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 0 Wohnungen Abb. 3.3.2: Bauüberhänge in Nordrhein-Westfalen (Neubau, Bestandsmaßnahmen, inkl. Nichtwohngebäuden) Daten: IT.NRW (Bauüberhangstatistik) NRW.BANK 2017 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

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